Award-Betrug?
Möglichkeit 1
Du vergibst einen Award.
Dazu mußt Du Dich in möglichst vielen Award-Indizes anmelden, z.B. in der Wunderbar, bei awards.de und so weiter. Dort wird kostenlos und einfach für Deinen Award Werbung gemacht. Bei der Wunderbar kann man Dich dann z.B. einfach ankreuzeln, wenn man Deinen Award haben möchte, so leicht geht das. Per Mail wirst Du unendlich viele Bewerbungen bekommen, unter Umständen mehr als 30 am Tag. Wozu also all diese Seiten besuchen? Vertane Arbeit: Lege einfach ein hübsches (sollte möglichst attraktiv aussehen, damit es auch verlinkt wird) Award-Bild auf Deinen Server und schicke jedem Bewerber eine Mail mit folgendem Inhalt:
- "HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! Du bist einer der wenigen Gewinner meines hochwertigen XYZ-Awards geworden!!!! Bitte freue Dich SOFORT und setze aus Dankbarkeit meinen Award, natürlich verlinkt mit http://www.xyz.de, auf Deine Seiten, möglichst auf der Startseite (denn nur dann kannst Du die Mitropa-Kaffeemaschine gewinnen). Hier kannst Du den Award bequem downloaden: http://www.xyz.de/tolleraward.jpg. Bedenke - nur, wenn Du Dich in mein Gästebuch einträgst, kannst Du Gewinner der Kaffeemaschine werden!"
Na, das war doch leicht? Wenn Du ein halbwegs attraktives Awardbildchen hast, werden immer mehr diesen Award haben wollen, und schon bist Du berühmt. Willst Du noch berühmter werden, dann trage jeden Awardbewerber in Deinen Newsletter ein. Vielleicht finden sich sogar noch Firmen, die im Newsletter annoncieren, und so wirst Du nicht nur berühmt, sondern auch reich. Und komm mir als kritischer Leser nun bitte nicht damit, dass man da doch ziemlich schnell auffliegt und denunziert wird und so. Glaube mir, es gibt immer noch genügend Dummköpfe, die auf Dich hereinfallen. Völlig gewitzt ist es natürlich, wenn Du von vornherein sagst: "Hey, das Ganze ist nur ein Spaß-Award!", dann nimmt es Dir nicht mal jemand übel. Ich verleihe mir deshalb mal spontan zu Demonstrationszwecken den Automatic Award von Fenchel *klick*. Und da ist er auch schon!
Damit wir uns hier klar verstehen, diese Dinger sind halbwegs witzig, kostenlose und simple Werbung machen sie aber trotzdem. Ich verlinke den Award, damit man sich ein Bild über die Vergabekriterien machen kann und nicht, um Fenchel in irgendeiner Art bloßzustellen. Wer aus den Worten "Automatic" nicht schlau wird, hat selbst schuld in diesem Falle ;-)
Möglichkeit 2
Du bewirbst Dich bei seriösen Awardverleihern.
Gut, dazu bedarf es einer halbwegs passablen Homepage ... aber mit Hilfe einiger Programme und diversen Grafik-Seiten, die ganze Sets für Homepages zusammenstellen, schaffst Du das schon. Inhalt so in etwa "Über mich, meine Hobbies, meine Freunde, Bannertausch, Java-Spiele, Chat" - und WICHTIG!!! Darüber hinaus mußt Du noch mindestens ein Thema ausführlich bearbeiten. Sonst gibts keine Awards... also, berichte über Kaninchenzüchten, Deine Diddl-Sammlung und Deine Derrick-Fernsehsucht und dass Du schon mal in der Antarktis warst, schon ist Deine Seite "attraktiv, etwas Besonderes, fesselnd". Nun bewirb Dich also, aber bitte nur bei Awardverleihern, die auch eine Gewinnerliste führen. Sei möglichst unter den ersten Gewinnern, damit Du ganz oben auf den Listen stehst. Wenn Du erfolgreich bist, dann flattern Dir schnell die ersten Awards ins Haus. Und nun kommt der springende Punkt: Wozu Awards veröffentlichen? Blödsinn. Hauptsache, Du stehst in den Listen drin. Verschwende bloß keinen Webspace oder Arbeit damit, Deine gewonnenen Awards auszustellen oder gar Laudatios hinzuzufügen, oder, noch schlimmer, die Vergeberseiten zu verlinken. Soweit kommt es noch! Hauptsache, Du stehst in den Gewinnerlisten drin. Das ist, was zählt! Ich will hier mal nicht das Beispiel einer Homepage über einen ostdeutschen Fußballclub nennen ;-)
Möglichkeit 3
Du deckst Awardbetrüger auf.
Dazu brauchst Du folgendes: bastele eine Homepage, die wirklich schauderhaft ist oder denke Dir einen attraktiven Link aus, den es gar nicht gibt. Damit bewirbst Du Dich jetzt bei tierisch vielen Awardverleihern, z.B. über die schon erwähnte Wunderbar. Und nun wartest Du ab. Da viele Awardverleiher die Möglichkeit 1 genutzt haben, werden Dir nun jede Menge hübsche Bildchen ins Haus flattern für eine Homepage, die diese hübschen Bildchen gar nicht verdient hat. Nun kommt Deine große Stunde! Werde Lehrmeister, sei investigativ, decke auf und - stelle bloß! Nur dadurch werden Deine Heldentaten auch auf anderen Homepages gerühmt, und vielleicht kommst Du sogar ins Fernsehen, weil Du der Menschheit einen großen Dienst erwiesen hast.
Nun wird es wirklich ernst
Internet-Sheriffs und Pranger
Sorry, hier wird der Tonfall etwas ernster. Da die von mir beschriebene Möglichkeit 1 wirklich bis zum Abk*** von einigen Verleihern betrieben wurde, ist es nur verständlich, dass jemand auf die Idee kam, sie zu entlarven. Es begab sich also zu einer Zeit, dass ein Schlingel namens Ralf Sturm eine Homepage namens "Hexenseite" erfand, die angeblich auf T-Online zu finden war. Wer sie besuchen wollte, fand jedoch nur "File Not Found". Der Schlingel freute sich nach und nach über mehr als 30 Awards für diese Seite und stellte die Awardverleiher auf seinen Seiten aus (und manche meinten: er stellte sie bloß). So kam der Schlingel nicht nur zu Berühmtheit, die "Welt" und der "Stern" berichteten, es gab auch Anzeigen und Bedrohungen, so dass er seine Aktion bald wieder einstellte.
Nun meinten aber viele, ihm nacheifern zu müssen, und immer neue Testseiten fanden den Weg ins Internet. Natürlich auch zu mir, und ich muß sagen, nachdem ich mir mindestens die 30ste Seite eines "Internet-Sheriffs" angeschaut hatte, hatte ich wirklich die Nase voll! Ich mag diese Anprangerungsmentalität nicht, und vor allem hört bei mir spätestens der Spaß dann auf, wenn ich nicht mehr unterscheiden kann - ist dies eine Testseite oder ernstgemeint?! Wann darf ich auf keinen Fall einen Award vergeben, um mich nicht lächerlich zu machen? Und vor allem wurden nicht nur die Testseiten, sondern auch die "echten" Seiten immer dilettantischer, so dass
die nächste Frage anstand - woher nehmen diese Leute sich das Recht, andere Awardverleiher lächerlich zu machen, an den Pranger zu stellen, zu vera***en und zu verunglimpfen? Ist das nicht übertrieben? Wenn ein "unseriöser" Awardverleiher die Awardvergabe als eine Art "Banner zum Verlinken" ansieht, ist es nicht Sache des Bewerbers, dies zu überprüfen?
Sammelantworten sind schnell zu entlarven, außerdem kann man sich vergewissern, ob Gewinnerlisten geführt werden, ob Vergabekriterien existieren, ob der Award zugeschickt wird oder nur heruntergeladen werden muß, etc. etc. Warum meint aber jeder zweite, er sei der geborene Internet-Sheriff?! Im Folgenden also ein paar Beispiele:
- Eine erste Reaktion auf Schlingel war eine Testseite von SolarisRA, die noch eine gewisse Besonderheit aufweist, aber dazu später. Auf dieser recht amüsanten Testseite, die vom "Profi" u.a. als zweisprachig beschrieben wurde (ist sie ja auch, hochdeutsch und platt) gibt es - die Besonderheit! - einen Ausgang zur "echten" Homepage, wo dem Besucher gratuliert wird, dass er die Seite ausführlich besucht hat und wohl ein seriöser Awardbewerber sei. Inzwischen wurde diese Aktion ausgeweitet auf schwarze, graue und weiße Listen von Awardbewerbern, und jeder seriöse Awardbewerber kann sich ein Prädikats-Siegel abholen. Ergebnisse und eine lebhafte Diskussion finden sich auf seiner Awardmaster-Testseite. Ich persönlich finde manchen bissig-ironischen Kommentar auf der schwarzen Liste und das Limit, dass eine Rehabilitierung von dieser erst nach einem halben Jahr möglich ist, nicht so gut. Außerdem finden sich viele auf der grauen Liste wieder, nur weil sie bestimmten Ansprüchen SolarisRAs an Awards nicht genügen. Da kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Ansonsten denke ich aber, dass das Siegel definitiv dazu beiträgt, dass mehr Seriosität in den Awardverleih gekommen ist, und ich trage das goldene Siegel wirklich mit Stolz!
- Ebenfalls auf den Spuren des Schlingels führte Beautyracy einen Test mit einer wirklich grauenhaften Frame-Seite durch. Ihre absolut ätzende Testpage macht wohl schon ziemlich deutlich, dass da etwas nicht mit ernsten Dingen zugehen kann. Ein Hinweis darauf, dass hier nur getestet wurde, fehlt allerdings völlig. Auch einen Ausgang zur "echten" Seite findet man vergebens. Was also mit dieser Bewerberin tun? Ich habe in diesem Falle freundlich darauf hingewiesen, was man besser machen könnte, was nicht funktioniert (fehlende Links auf Forum und Gästebuch) und dergleichen. Zeitaufwand meinerseits bestimmt eine halbe Stunde. Man möchte ja nett sein, man gibt sich mit jedem noch so dilettantischen Bewerber (könnte ja ein Anfänger sein, der etwas falsch gemacht hat) Mühe. Eine Reaktion, dass ich kräftig an der Nase herumgeführt wurde, eine Gratulation, dass ich seriös sei, habe ich nicht bekommen. Beautyracy dagegen bekam jede Menge Reaktionen und Awards, die sie hier ausstellt, noch in einer recht abgemilderten, charmanten Form des Prangers.
- Das dritte Beispiel stimmt mich jedoch schon ziemlich bedenklich. Go Online stellte eine Testseite ins Internet, die den Anschein macht, als sei sie von einem Kind namens Melanie erstellt worden. Meiner Ansicht nach ziemlich geschmacklos, obwohl man auf die "echte" Seite gelangt, wenn man alle Links durchprobiert (Titel des Links: "online-fun"). Ich habe mal eine vorsichtige Standardabsagemail geschrieben, in der sinngemäß stand, dass Melanie wohl noch etwas am Inhalt arbeiten müsse. Gottseidank gabs keinen Trost- oder Kids-Award von mir, denn schon wieder war ein Tester unterwegs, der nun genüßlich kommentierend Awardverleiher bloßstellt, und zwar hier.
- Dann gab es noch eine Seite, bei der ich wirklich nicht wußte - Spaß oder Ernst? Schaut doch mal selbst bei Ottokar am Gartenzaun vorbei, hier geht es lang, und sagt mir, was ihr von dieser Seite meint. Ich war mir wirklich unschlüssig und habe eine zweigeteilte Mail geschrieben auf seine Bewerbung, in der ich sauer reagierte, da es vermutlich ein Test sei, dann aber doch ein paar Verbesserungsvorschläge machte. Bis heute gab es weder eine Reaktion, noch eine Veränderung der Seiten oder eine Auflösung als Bluff.
Damit will ich den Reigen mal schließen und hoffe, dass Ihr die Beispiele auf Euch wirken laßt. Viele Awardverleiher sind ähnlich genervt wie ich, wenn sie immer wieder auf "File Not Found" treffen und höflich nachfragen, was los sei und ein "Klasse, Du bist seriös" als Antwort bekommen - und sich dann wohl kräftig selbst auf die Schulter klopfen sollen... oder wie?! Dann gab es noch etliche Seiten, bei denen ich lange suchen mußte nach einem Hinweis "War nur ein Test" - die URL von "Hirsch-Design" habe ich leider nicht mehr, sonst könnte ich vorführen, was ich meine. Stundenlang "recherchiert" man da also im Internet, nur, um ja keinem Sheriff aufzusitzen. Einige Awardverleiher haben das offenbar genauso satt wie ich und deshalb ein paar Awards verliehen, die dieser Anpranger-Mentalität mal einen Denkzettel verpassen sollen:
Auch wenn manche auf diese Dinger wieder "not amused" reagieren, ich kann den Zorn der seriösen Verleiher nur zu gut verstehen und unterstütze sie voll und ganz. Ich hoffe, dieser ganze Award-Sheriff-Blödsinn nimmt mal ein Ende. Ich habe mich selbst schon mit so manchem per e-mail gefetzt und bin ebenfalls kurz davor, den goldenen Sheriff-Stern oder so etwas zu verleihen, wenn mir weiterhin so komische Seiten unterkommen. Ich halte mich für einen gewissenhaften Awardverleiher, der noch der einfachsten Seite ehrlich und ernstgemeint Tips gibt und sich mit ihr beschäftigt. Ich ärgere mich wirklich schwarz, wenn diese Mühe vergebens ist und hoffe, das geht mal in die Betonklotzschädel der Sherrifs rein. Weitere Beispiele kannst Du, wenn Du wirklich noch Lust hast, bei den Ottis finden.
Nicole L.