And the winner is ...
Unter diesem Titel erschien vor einiger Zeit ein Award-Artikel in einer Computer-Zeitschrift. Den kompletten Artikel findest du hier: www.zdnet.de
In diesem Artikel wird einige Male aus einem mit mir geführten Interview zitiert, doch der Zusammenhang dieser Zitate bietet scheinbar Stoff für eigene Interpretationen - obwohl durch die "Gänsefüßchen" eigentlich klar abgegrenzt wird, wo die Zitate beginnen und aufhören.
Wie auch immer, um das zu klären, hier der komplette Wortlaut des Interviews, damit jeder nachvollziehen kann, wie diese Zitate zustande kamen bzw. welche Teile des Artikels tatsächlich Zitate sind.
Über Awards
Das Interview führte der Journalist Peter Braun:
Wieviele privat vergebene Awards (deutschlandweit) sind Ihnen bekannt?
Tausende - eine genaue Zahl kann ich nicht angeben. Das ließe sich uU. bei Massenindizes wie "wunderbar.de" oder "columbus.de" herausfinden.
Wieviele dieser Awards sind nach Ihrer Meinung ernstzunehmen?
Dazu müsste man erstmal "ernstzunehmende Awards" definieren: Also Award-Programme,
- bei denen die auszuzeichnenden Seiten wirklich gründlich geprüft werden (Content, Design, Aussage, Individualität, Technik);
- die einen sinnvollen Kriterienkatalog veröffentlichen;
- die Gewinner einigermassen würdig präsentieren;
- deren Betreiber einen Hintergrund haben, der ihnen das Bewerten fremder Seiten ermöglicht/gestattet.
Von diesen gibt es ca. 50 (wenn man grosszügig ist bis zu 100) im Lande ...
Können Sie (drei, vier) Beispiele für besonders seriöse Awards nennen?
Nein, das wäre ziemlich unfair - und ich würde mich in Teufels Küche reiten <ggg> ... Man darf nicht vergessen, dass deutsche Webawards VON privat FÜR privat verteilt werden.
Der beste Weg zu seriösen Awards führt über die besseren Award-Indizes wie [...]
[Anm.: Eine ausführliche Linkliste wurde beigefügt].
Zeichnen Awards nicht eine Selbstverständlichkeit aus - nämlich dass eine Website interessant sein sollte?
Klar, aber interessant für wen? Viele Seiten beschäftigen sich mit EINEM speziellen Thema, welches nur für einen sehr geringen Anwender-Anteil interessant ist. Andere versuchen, interessantes für ALLE zu präsentieren, sind damit aber fast immer einfach nur redundant.
Darüber hinaus wird eben nicht nur der Content bewertet, sondern auch die Präsentation, der Stil, die Technik usw.
Kritiker sagen, es sei eine Anmaßung, über andere Websites zu urteilen, ohne diesbezüglich eine professionelle (berufliche) Qualifikation vorzuweisen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Das mit der "beruflichen Qualifikation" halte ich für typisch deutsch. Am liebsten würde man das alles schon wieder reglementieren und in Stein meisseln und an lizensierte Prüfer eine Gebühr abführen. Das entspricht nicht dem Gedanken des Internet ("Everybody Is A Publisher").
Wie schon unter 2) erwähnt - natürlich sollte ein Awardverleiher schon wissen, was er da 'bewertet'. Seine eigene Präsenz sollte also mindestens seinem eigenen Kriterienkatalog standhalten. Das ist aber auch so, und macht eben den Unterschied zwischen den tausenden Alltagsawards und den 50-100 ernstzunehmenden Awards aus.
Beruht die Award-Vergabe letzten Endes nicht auf der Frage des persönlichen Geschmacks und ist damit höchst subjektiv statt objektiv?
Selbstverständlich. Doch das "Urteil" beruht eben nicht NUR auf "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht". Diesem Aspekt würde ich ca. 50% einräumen. Die anderen 50% beruhen eben auf einer Untersuchung der nicht-subjektiven Aspekte (Gestaltung, Technik, Design, Verständlichkeit, Grafik, Nutzen etc.).
Wer also eine (mit einem 'seriösen' Award) ausgezeichnete Site findet, weiss, dass diese Bewertung immer dem subjektiven Empfinden des Verleihers entspricht, er weiss aber auch, dass diese Site gewisse Grundansprüche erfüllt (also keineswegs eine "Schrottseite" ist, um das mal so hart zu sagen).
Ob sich der Besucher letztendlich mit der Thematik oder dem Design oder was auch immer anfreunden kann, entspringt wiederum SEINEM subjektiven Empfinden *g* ...
Webawards sind doch eigentlich nur Empfehlungen oder Surftipps.
Kritiker sagen, Awards dienen lediglich der Eitelkeit von Verleiher und Preisträger. Was ist Ihre Meinung dazu?
Völliger Blödsinn. Der "Ruf" von Awards wurde kaputtgemacht von denen, die Awards als kostenfreie Werbebanner benutzen (Bewerber wie Verleiher gleichermassen). Deren Motivation nun mit der Motivation seriöser Awardmaster auf eine Stufe zu stellen, halte ich für völlig daneben.
Wenn ich auf meine Kosten (Zeit und Geld) das Web nach tollen Sites durchforste, diese tollen Sites dann mit Screenshot und Kurzbeschreibung präsentiere (ohne dafür Gegenleistungen zu verlangen = seriöse Awards verlangen keine Backlinks oder Gästebucheinträge etc.) - dann sehe ich das als Dienstleistung für die Webgemeinde, nicht als Profilierungsbedürfnis.
Verlieren Awards aufgrund der Vielzahl von vergebenen Auszeichnungen an Bedeutung und Wichtigkeit?
Das war ein Thema von 1997. Seitdem gibt es sehr gute Award-Indizes, die genau mit dieser Vielzahl aufräumen, teilweise sogar ziemlich erfolgreich.
Es geht eben nicht darum, dass viele Awards den eigentlichen Gedanken dahinter kaputtmachen, sondern darum, dass die Beteiligten ihren Horizont erweitern müssen, um eine gewisse Qualität zu schaffen und zu wahren.
Wer einen Award vergeben will, sollte sich darüber im Klaren sein, dass viel Arbeit auf ihn zukommt und dass er eine gewisse Verantwortung übernimmt.
Wer sich für einen Award bewirbt, sollte sich informieren, WER ihm da WAS anbietet, und nicht kritiklos jeden Papp-Orden akzeptieren.
Wie beurteilen Sie Parodien auf Awards wie z.B. "Fenchels Automatic Award"?
Das war witzig, als es enstand (iirc ca. '97) ... seither hat es an Aussagekraft verloren. Kommt mir wie eine "vergessene" Aktion vor. Mir persönlich fehlt da die Weiterentwicklung, die auch die andere Seite der Medaille beleuchtet. "Alle über einen Kamm scheren" mag ich nicht.
Wie beurteilen Sie die Bloßstellung von schlampiger Award-Vergabe durch Ralf Sturm?
Definitiv eine der besseren Aktionen (ebenfalls '97/'98), die die Mißstände gnadenlos offenbart hat. Aber auch hier - kein Follow-up, mittlerweile ist die "Award-Szene" schon ein ganzes Stück weiter und braucht eigentlich keine Test-Sheriff-Pranger-Aktionen mehr. Womit ich keineswegs die Verdienste des "Schlingels" schmälern will. Auch wenn er nicht der einzige war - seine Stimme wurde damals am lautesten gehört und so wird er auch heute noch gern zitiert.
Was können Award-Verleiher tun, um das verloren gegangene Vertrauen der Surfer in die Seriosität von Awards wiederzugewinnen?
Hart arbeiten *g* ... Das wichtigste ist, sein Award-Programm nicht leichtfertig in die Welt zu setzen und zu handhaben, sondern wirklich sinnvolle Kriterien aufzubereiten. Und im Laufe der Zeit ein Surfboard (= Gewinnerliste) aufzubauen, das den Anwender auf eine Reise schickt, die er so schnell nicht vergessen wird. Wobei der Schwerpunkt die Seiten der Gewinner sein MUSS, nicht das ganze Drumherum der Awardvergabe (was dann leicht als Selbst-Beweihräucherung verstanden wird).
/pa.eng